Messenger im Alltag: Vorteile, Nachteile und ein gesunder Umgang
Whatsapp, Telegram, Signal - Was macht sie so attraktiv und welchen Preis zahlen wir für ihre Nutzung? Wie gelingt ein gesunder Umgang mit den Messengern?
Die Apps, die ich auf meinem Smartphone am häufigsten nutze, sind Signal und Telegram. Diese Programme sind aus meinem Alltag nicht mehr wegzudenken. Selbst auf meinem Tastenhandy, dem Punkt MP02, läuft Signal. Menschen, die nur per SMS und Telefon erreichbar sind, sind mittlerweile eine Rarität geworden. Doch was macht Messenger so attraktiv, welchen Preis zahlen wir dafür und wie gelingt uns ein gesunder Umgang mit ihnen?
Wie SMS, aber kostenlos
Als ich 2013 das erste Mal von WhatsApp hörte, wurde mir gesagt: "Das ist wie SMS, aber kostenlos! Und du kannst Fotos schicken!" Das klang gut, war aber nicht wirklich neu. Schon lange vorher gab es andere Instant Messenger wie ICQ, AIM, MSN oder Jabber. Der entscheidende Unterschied war, dass die eigene Telefonnummer als Benutzername dient. Ein wesentlicher Vorteil, wie sich später herausstellte: Alles, was dein Freund braucht, um mit dir zu chatten, ist deine Telefonnummer. Keine abschreckenden Anmeldevorgänge mehr!
Internationale Vernetzung
Schon immer hatte ich Freunde im Ausland. Als WhatsApp und Telegram weltweit populärer wurden, sah ich einen weiteren großen Vorteil dieser neuen Messenger: Ich kann von überall auf der Welt mit Menschen in Kontakt bleiben, ohne einen Cent dafür zu zahlen. Die Zeiten, in denen ich meine Freunde bitten musste, mir ihren Skype-Namen zu geben oder sich ein Konto bei ICQ einzurichten, sind vorbei. Die Nummer hatte ich meist ohnehin schon. So wurde es zum Kinderspiel, einen Übernachtungsplatz in Vilnius zu organisieren oder Fotos meiner polnischen Partnerin zu erhalten.
Verschlüsselung für mehr Privatsphäre
Es ist kein Geheimnis, dass SMS und Telefonanrufe für Mobilfunkbetreiber lesbar und abhörbar sind. Auch Geheimdienste haben Zugriff auf diese Informationen. Instant Messenger bieten jedoch mehr oder weniger starke Verschlüsselung. Der Schutz der Privatsphäre ist daher ein weiterer Vorteil von Signal und Co.
Gruppenkommunikation leicht gemacht
Mit SMS ist es nicht einfach, mit vielen Menschen gleichzeitig zu kommunizieren. E-Mail-Listen sind oft kompliziert zu erstellen und unübersichtlich. Im Vergleich dazu erstellt man mit wenigen Klicks eine Telegram-Gruppe für den nächsten Geburtstag. Einfacher geht es nicht!
Keine Algorithmen, keine Feeds
In den Instant Messengern siehst du nur die Nachrichten von Menschen aus deinem Adressbuch. Auch wenn es mittlerweile Stories und ähnliche Funktionen gibt, bleibt der klassische Feed mit algorithmisch generierten Empfehlungen aus. Diese Übergriffigkeiten sind uns in den Chat-Apps bislang erspart geblieben.
Medien teilen
Wie schon erwähnt, ist natürlich großartig sich Fotos hin und her zu schicken.
Apropos: Das ist mein Blick, während ich diesen Text verfasse:
Die Schattenseiten
Doch all dieser Komfort hat auch seinen Preis – einen Preis, der auf den ersten Blick oft nicht sichtbar ist. Da ich mich seit einigen Jahren mit den Auswirkungen digitaler Technik beschäftige und meinen Bildschirmkonsum drastisch reduziert habe, habe ich gelernt, auf die subtileren Einflüsse der Geräte und Dienste zu achten. Hier sind meine Beobachtungen:
Messenger machen Lärm
Das mag seltsam klingen, besonders wenn dein Smartphone auf lautlos gestellt ist (was ich dir dringend empfehle). Doch selbst im "Bitte nicht stören"-Modus fordern die Messenger unsere Aufmerksamkeit. "Komm und schau mich an! Vielleicht hat dir ja jemand geschrieben! Du kannst ihn doch nicht so lange warten lassen!" flüstern sie uns zu.
Endlose Gespräche
Eine Freundin sagte einmal: "Bei einem Telefongespräch gibt es einen klaren Anfang und ein klares Ende. Messenger hingegen kennen kein Ende." Wie recht sie damit hat. Wenn wir im Messenger ein Gespräch nicht ausdrücklich beenden, bleibt es als Loop in unserem Bewusstsein oder Unterbewusstsein offen.
Bei einem Telefongespräch gibt es einen klaren Anfang und ein klares Ende. Messenger hingegen kennen kein Ende.
Unpersönliche Kommunikation
In einem persönlichen Gespräch kommunizieren wir weit mehr als nur durch Worte. Der Klang der Stimme und die Körpersprache liefern uns wertvolle Informationen über das Befinden unseres Gegenübers. Feinste Veränderungen der Gesichtsmuskulatur nehmen wir unterbewusst wahr und interpretieren sie. Während beim Telefonat immerhin der Klang der Stimme und das unmittelbare Feedback erhalten bleiben, tappen wir beim Lesen von Nachrichten auf WhatsApp und Co oft im Dunkeln. Wer hat nicht schon einmal eine Nachricht völlig falsch interpretiert? Alles, was bleibt, sind geschriebene Worte, vielleicht garniert mit ein paar Smileys oder sogar einer Sprachnachricht.
Ein gesunder Umgang mit Messenger-Diensten
Benachrichtigungen deaktivieren
Die meisten Menschen, die ich kenne, haben ihre Handys mittlerweile auf lautlos gestellt. Ich empfehle zusätzlich, die Benachrichtigungen abzuschalten. Wenn du von jemandem auf keinen Fall eine Nachricht verpassen willst, kannst du die Benachrichtigung nur für diese Person aktivieren.
Feste "Sprechzeiten" einrichten
Dieser Punkt ist besonders wichtig! Wer sagt, dass du immer und überall erreichbar sein musst? Was wäre, wenn du dein Handy ab 19:00 Uhr komplett ausschaltest und erst am nächsten Tag um 10:00 Uhr wieder anmachst? Du wirst überrascht sein, wie schnell sich deine Freunde daran gewöhnen. Wenn du es noch nie versucht hast, probiere es mal für ein paar Tage aus. Nach den ersten Entzugserscheinungen wirst du ein unglaubliches Gefühl von Freiheit erleben!
Übrigens: Steve Jobs war berühmt für seine langen Spaziergänge durch das von Bäumen gesäumte Viertel im Silicon Valley, in dem er lebte. Wenn man zu seinem engsten Kreis gehörte, konnte man mit Einladungen zu einem intensiven Gespräch rechnen. Ironischerweise war Jobs, der Erfinder des iPhones, nicht der Typ Mensch, der daran interessiert war, wichtige Beziehungen durch ständige digitale Pings zu pflegen. [1]
Frei übersetzt aus dem Buch Digitaler Minimalismus von Cal Newport ↩︎
Bevorzuge den persönlichen Kontakt
Meistens nutzen wir Messenger, um in Kontakt zu bleiben. Doch wenn wir ewig hin und her schreiben, bleibt der Kontakt oft oberflächlich. Es ist viel schöner, die Organisation des nächsten Treffens über Signal zu regeln und den Rest dann persönlich zu besprechen – vielleicht sogar mit einer herzlichen Umarmung.
Reactions sparsam nutzen
Die kleinen Herzen ❤ und Daumen 👍 unter den Nachrichten sind praktisch, um den Nachrichtenverlauf nicht zu überladen 🗑. Allerdings sind sie auch extrem unpersönlich. Ich habe mir abgewöhnt, sie zu benutzen, und überlege mir stattdessen, ob es wirklich nötig ist, die Nachricht zu kommentieren – und wenn ja, dann mit einem selbst verfassten Text. Diese Reactions empfinde ich als Beleidigung unserer Menschlichkeit.
Zeitbegrenzungs-Apps nutzen
Es gibt Programme, die die Nutzungsdauer ausgewählter Apps begrenzen. Du kannst feste Nutzungszeiten einrichten (z.B. von 10:00 bis 19:00 Uhr Telegram nutzen) oder eine maximale Nutzungsdauer festlegen (z.B. maximal 30 Minuten pro Tag WhatsApp) – oder beides kombinieren (maximal 30 Minuten Signal und nur zwischen 10:00 und 19:00 Uhr).
Gespräche bewusst beenden
Versuche, deine Chats nicht endlos laufen zu lassen, und beende sie zum Beispiel mit einem herzlichen "Ciao! Schön war es, mit dir zu schreiben. Jetzt freue ich mich, dich bald persönlich zu sehen!" So wird das Gespräch abgeschlossen und dein Gehirn kann sich entspannen. Natürlich macht das nur Sinn, wenn für den Moment wirklich alles geklärt ist.
Fazit
Instant Messenger sind eine tolle Erfindung und im Vergleich zu anderen sozialen Medien für die meisten Menschen relativ harmlos. Doch auch sie haben ihre Tücken: Sie können unseren Tag zerstückeln und unsere Aufmerksamkeit immer wieder auf sich ziehen. Zudem führen sie regelmäßig zu Missverständnissen und verwässern unseren Kontakt zu anderen Menschen.
Mit ein paar Tricks, Werkzeugen und einem bewussteren Umgang lässt sich der Schaden jedoch begrenzen.
Sollte es dir dennoch schwerfallen, einen guten Umgang mit deinen digitalen Geräten zu finden, kannst du mich gerne für ein Coaching kontaktieren. Ich arbeite gerade auch an kostengünstigen Gruppenangeboten und halte dich hier auf dem Laufenden. Wenn du diesen Blog abonnierst, erhältst du zukünftig alle Beiträge per E-Mail.